Schutz nach Kündigung
Ganz anders ist der Fall gelagert, wenn Sie nach der Kündigung erkranken. Das Gesetz schützt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer Zeitspanne, in der sie aufgrund von Krankheit oder unfallbedingtem Ausfall kaum Chancen hätten, eine neue Arbeitsstelle zu finden. Ob Sie infolge einer Erkrankung oder eines Unfalls arbeitsunfähig werden, spielt dabei keine Rolle.
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Die Kündigungsfrist verlängert sich jedoch nicht beliebig, sondern nur bis zu der im Obligationenrecht (OR) festgesetzten Maximaldauer. Die Länge der Sperrfristen betragen
- im ersten Dienstjahr 30 Tage
- ab dem zweiten bis und mit dem fünften Dienstjahr 90 Tage
- ab dem sechsten Dienstjahr 180 Tage
Erkrankt eine Person bei laufender Kündigungsfrist, wird diese für die Dauer der Krankheit unterbrochen und danach fortgesetzt. Dementsprechend verlängert sich die Dauer des Arbeitsverhältnisses nach hinten. Wichtig dabei ist, dass die arbeitnehmende Person wirklich arbeitsunfähig ist – sprich unfähig, die vertraglich geschuldete Arbeit zu erbringen. Hier gibt es allerdings zwei Einschränkungen: Sperrfristen greifen erst nach Ablauf der Probezeit und nur dann, wenn Ihnen gekündigt wurde. Kündigen Sie selbst und erkranken während der Kündigungsfrist, haben Sie keinen Anspruch auf eine Verlängerung.
Ärztliches Zeugnis
Als arbeitnehmende Person stehen Sie in der Pflicht, Ihre krankheits- oder unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit zu beweisen – in der Regel durch ein ärztliches Zeugnis. Zweifelt der Arbeitgeber an der Korrektheit Ihrer Angaben, hat er das Recht, eine Untersuchung durch eine Vertrauensärztin oder einen Vertrauensarzt anzuordnen.
Was passiert, wenn ich mehrmals erkranke?
Und was, wenn Sie gleich mehrmals hintereinander arbeitsunfähig werden? Sie erkranken an einer Lebensmittelvergiftung und verstauchen sich später den Knöchel? Dann beginnt für den verstauchten Knöchel eine neue Sperrfrist. Während dieser Zeit wird die Kündigungsfrist ausgesetzt. Rückfälle oder Folgeerscheinungen derselben Krankheit lösen dagegen keine neue Sperrfrist aus. Bei einem Rückfall können Sie den Rest Ihrer noch nicht vollständig aufgebrauchten Sperrfrist in Anspruch nehmen.
Praxisbeispiel Kündigungsfrist
Noemi erhält nach neun Monaten Dienstzeit im Mai die Kündigung per Ende Juni. Kurze Zeit später erleidet sie eine Lebensmittelvergiftung und muss sich vom 5. bis 12. Juni eine Woche krankschreiben lassen. In dieser Zeit ruht die 30-tägige Sperrfrist. Als sie nach ihrer Genesung am 15. Juni in den Bergen wandern geht, verstaucht sie sich den Knöchel und ist von diesem Tag an bis zum 31. Juli arbeitsunfähig. Die zweite Sperrfrist beginnt am 15. Juni und dauert 30 Tage. Das Arbeitsverhältnis endet somit Ende August.
Lohnfortzahlung
Bei der Lohnfortzahlung ist entscheidend, ob Ihr Arbeitgeber eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen hat oder nicht. Ist dies nicht der Fall, kommt die Lohnfortzahlungspflicht laut Obligationenrecht (OR) zum Tragen. Bei Krankheit gilt dann eine 100%ige Lohnfortzahlung während einer beschränkten Dauer, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat. Im ersten Anstellungsjahr beträgt die Lohnfortzahlungspflicht drei Wochen. Für die weiteren Anstellungsjahre kommen die Skalen zur Anwendung, die die Rechtsprechung entwickelt hat, also entweder die Berner, die Zürcher oder die Basler Skala.
Krankentaggeldversicherung
Ist im Arbeitsvertrag eine Krankentaggeldversicherung enthalten, sieht die Lohnfortzahlung anders aus. Die Versicherung bezahlt 80% der bisherigen Lohnsumme – in der Regel während 730 Tagen abzüglich der Wartefrist.
Voraussetzung ist aber, dass diese Regelung für die arbeitnehmende Person mindestens gleichwertig ist. Als gleichwertig gilt eine Regelung der Lohnfortzahlung mit einer Krankentaggeldversicherung, die folgende Merkmale aufweist:
- 80% Lohnfortzahlung während 720 Tagen innerhalb von 900 aufeinanderfolgenden Tagen
- mindestens 50% der Prämie werden vom Arbeitgeber übernommen
- maximal drei Karenztage, sprich Tage ohne Lohnfortzahlung, zu Beginn jeweils einer Krankheitsphase
Die Wartefrist bis zur Gewährung von Versicherungsleistungen kann unterschiedlich ausgestaltet sein, da während dieser Zeit der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist. Üblicherweise wird eine Wartefrist von 30, 60 oder 90 Tagen vereinbart
Praxisbeispiel Lohnfortzahlung
Arben erhält im Februar die Kündigung mit einer Kündigungsfrist von zwei Monaten per Ende April. Er steht im zweiten Dienstjahr. Am 3. Februar erkrankt er bis mindestens Ende August. Arben hat gemäss der Zürcher Skala acht Wochen Anspruch auf Lohnfortzahlung, also noch bis Ende März. Danach läuft zwar das Arbeitsverhältnis aufgrund der verlängerten Kündigungsfrist noch weiter, aber es besteht kein Lohnanspruch mehr.
Wichtig: Kündigungsschutz und Lohnfortzahlungspflicht haben nichts miteinander zu tun. So kann sich das Arbeitsverhältnis wegen der Sperrfrist zum Beispiel um 90 Tage verlängern, während die Lohnfortzahlungspflicht Ihres Arbeitgebers bereits nach wenigen Wochen zu Ende sein kann.