Grobfahrlässigkeit – was ist das?
Per Definition handelt grobfahrlässig, wer einen Schaden durch ein naheliegendes oder einfaches Verhalten hätte verhindern können, es aber an der notwendigen Sorgfaltspflicht mangeln lässt. Die Grenzen zwischen Fahrlässigkeit und Grobfahrlässigkeit sind oft fliessend, in der Unterscheidung aber sehr wichtig: Grobfahrlässigkeit wirkt sich bei einem Schadenfall auf die Versicherungsleistung aus. Wird sie festgestellt, hat Ihre Autohaftpflichtversicherung das Recht, einen Teil der entstandenen Kosten von Ihnen zurückzuverlangen. Das wird auch als Regress oder Rückgriffsrecht bezeichnet.
Je nach Schwere der Grobfahrlässigkeit kann dieser Anteil 20 Prozent, 50 Prozent oder manchmal auch mehr betragen. Während bei Sachschäden die Kosten noch tragbar sind, können diese bei Personenschäden schnell in die Höhe schnellen. Denn hier müssen zusätzlich anfallende Kosten wie zum Beispiel der Lohnausfall der geschädigten Person übernommen werden.
Grobe Fahrlässigkeit – ein Beispiel
Sie fahren am frühen Morgen durch ein Wohnquartier und geben dabei gleichzeitig Ihr Fahrziel ins Navigationssystem ein. Da Sie abgelenkt sind, übersehen Sie ein anderes Auto, das von rechts auf die Kreuzung fährt. Durch den Aufprall trägt die Autofahrerin eine Kopfverletzung davon und muss ins Spital.
- Blechschaden am fremden Auto CHF 14’000
- Spitalkosten CHF 30’000
- Lohnausfall der Lenkerin CHF 6’000
- Schadensumme Haftpflicht CHF 50’000
- Regress 20 % CHF 10’000
Wenn das Gericht entscheidet, dass Sie grobfahrlässig gehandelt haben, wird die Autohaftpflichtversicherung einen gewissen Betrag von Ihnen zurückfordern – in unserem Beispiel CHF 10’000 oder 20 % des gesamten Schadens. Dazu kommen noch ein allfälliger Selbstbehalt und Bonusverlust. So zahlen Sie für eine kleine Unachtsamkeit schnell mehrere Tausend Franken. Besonders kritisch wird es, wenn die geschädigte Person ernsthaft verletzt oder sogar invalide wird – dann drohen mehrere Hunderttausend Franken.
Regressverzicht bei Grobfahrlässigkeit
Einige Versicherungen haben deshalb einen Grobfahrlässigkeitsschutz im Portfolio – manchmal auch Grobfahrlässigkeitsverzicht genannt. Diese Zusatzdeckung der Autohaftpflicht beinhaltet einen Regressverzicht. Die Mehrprämie lohnt sich auf jeden Fall: Sollten Sie einen Schaden verursachen, der auf grob fahrlässiges Handeln zurückzuführen ist, bezahlt die Versicherung trotzdem den gesamten Schaden.
Ausgeschlossen von diesem Verzicht sind Schäden, die unter Einfluss von Alkohol, Drogen oder sonstigen Medikamenten entstanden sind. Auch bei grosser Geschwindigkeitsüberschreitung oder bei körperlicher und geistiger Leistungsunfähigkeit (z.B. Sekundenschlaf) besteht kein Versicherungsschutz.
Für wen eignet sich der Grobfahrlässigkeitsschutz?
Vor Unachtsamkeiten im Strassenverkehr ist niemand gefeit. Und selbst wenn Sie sehr umsichtig fahren und viel Routine haben, kann sich ein Grobfahrlässigkeitsverzicht lohnen. Der Schutz erstreckt sich nämlich auf alle Personen, die Ihr Fahrzeug lenken – und gilt somit auch für Ihre Familienmitglieder.
Übrigens: Wenn Sie zu Fuss oder mit dem Velo im Strassenverkehr unterwegs sind, schützt Sie Ihre Privathaftpflichtversicherung, wenn Sie jemanden schädigen. Wie in der Autohaftpflicht lässt sich auch in der Privathaftpflicht ein Grobfahrlässigkeitsschutz abschliessen. Etwa wenn Sie zu Fuss unterwegs sind und gleichzeitig auf dem Smartphone eine E-Mail lesen und so einen Unfall verursachen.